21.03.2024

SNB-Zinsentscheid vom 21. März 2024: Die komplette Überraschung

Kurzeinschätzung des Investment Office der Migros Bank

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) senkt an ihrer Frühjahrssitzung vom 21. März 2024 den Leitzins um 25 Basispunkte auf 1,50 Prozent. Die Währungshüter begründen die Lockerung der Geldpolitik mit der sich im Bereich der Preisstabilität befindenden Inflation und als Reaktion zur realen Frankenaufwertung. Im Nachgang des Zinsentscheids verlor der Franken gegenüber dem Euro und dem US-Dollar rasch an Wert.

Unter Ökonominnen und Ökonomen herrschte im Vorfeld nahezu Einstimmigkeit, dass es heute zu keiner Zinssenkung kommen würde. Zu Unrecht. Weniger sicher war man sich diesbezüglich an den Terminmärkten: Noch am Vortag lag die implizierte Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung zwischen 30 und 40 Prozent. Der Grund lag in den jüngsten Preisdaten, die bestätigten, dass die SNB die Inflation unter Kontrolle hat. 

Die Konjunktur erlaubt eine Zinssenkung, zwingt aber nicht dazu
«Die bisherige Anhebung des Leitzinses um 250 Basispunkte und die massiven Devisenverkäufe zur Stützung des Frankenaussenwertes dämpften die Teuerung, die seit Juni 2023 unter der Obergrenze von 2 Prozent und somit im Bereich der Preisstabilität liegt», erklärt Valentino Guggia, Economist der Migros Bank. «Die zum Jahreswechsel befürchteten Preissteigerungen (Strompreise, Erhöhung der Mehrwertsteuer und steigende Tarife im öffentlichen Verkehr usw.) blieben weitgehend aus, und auch der für lange Zeit noch überschiessende Preisauftrieb bei den Nahrungsmitteln hat sich mittlerweile deutlich abgeschwächt. Zudem erwies sich die Schweizer Wirtschaft im Jahr 2023 trotz des ungünstigen globalen Umfelds und der Zinserhöhungen als widerstandsfähig: Eine Rezession – wie von uns erwartet – konnte vermieden werden.»
 
Begründung der Entscheidung 
«Insofern kommt die Leitzinssenkung um 25 Basispunkte auf 1,50 Prozent überraschend», so Guggia. «Die SNB trägt damit aber der Inflationsentwicklung Rechnung.» Konsequenterweise passte sie die bedingte Inflationsprognose (d.h. ausgehend von einem Leitzins von 1,50 Prozent) deutlich nach unten an. Sie erwartet den Preisauftrieb über den ganzen Prognosehorizont unter der 2-Prozent-Marke. «Die Notenbanker rechnen nicht damit, dass diese im Vergleich zu den anderen westlichen Zentralbanken frühe Zinssenkung eine so starke Abwertung des Franken auslösen wird, die die Inflation durch den Anstieg der Importpreise wieder anheizen könnte», erläutert Guggia.

Das zweite Argument für die heutige Zinssenkung ist die reale Frankenaufwertung. «Aufgrund der sich abschwächenden Inflation im Ausland führte die nominelle Frankenaufwertung im Verlauf vom Jahr 2023 zu einem allmählichen Anstieg des realen Wechselkurses, der die Wettbewerbsfähig der exportorientierten Branchen belastet», erklärt Guggia. Der reale Aussenwert des Frankens lag im Februar dieses Jahres auf einem ähnlichen Niveau wie nach der Aufhebung des Mindestkurs zum Euro im Januar 2015. Die zuletzt eingesetzte Abschwächung des Frankens bietet gemäss des SNB-Direktoriums noch zu wenig Linderung. Es möchte folglich durch einen grösseren Zinsabstand zum Ausland den Franken mehr abschwächen.

«Wir erachten den Zinsentscheid im aktuellen Umfeld als einen mutigen und nicht zwingend notwendigen Schritt», resümiert Guggia. «Der Leitzins lag mit 1,75 Prozent keineswegs  im restriktiven, sondern bereits im neutralen Bereich. Deshalb bleibt das weitere Zinssenkungspotential nun erst recht begrenzt.»

Weitere Auskünfte
Valentino Guggia, Economist
Tel. 044 839 87 39, E-Mail valentino.guggia@migrosbank.ch
Unter diesem Link finden sich wöchentliche Kommentare des Investment Office der Migros Bank.
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