14.09.2023

Augen zu und durch: Der EZB ist es mit der Inflationsbekämpfung ernst

Kurzeinschätzung des Investment Office der Migros Bank

Wie von der Migros Bank erwartet, erhöht die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen erneut um 25 Basispunkte. Der Konjunkturschwäche zum Trotz bekennt sie sich damit zur Inflationsbekämpfung. Das wirtschaftliche Umfeld wird mit diesem Schritt noch etwas ungemütlicher werden. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) dürfte in einer Woche nachziehen.

Ausgangslage
Es war keine einfache Ausgangslage für die die EZB. Einerseits hat sich die Konjunktur in der Eurozone deutlich eingetrübt, und die unmittelbaren Aussichten bieten kaum Lichtblicke. Namentlich Deutschland befindet sich in einer veritablen Wachstumskrise. Andererseits ist die Disinflation zum Erliegen gekommen, und die Jahresteuerung verharrte zuletzt bei hohen 5,3 Prozent.

Dass sich die EZB in dieser Situation für eine erneute geldpolitische Straffung entschied und den Hauptrefinanzierungssatz und den Einlagezins um jeweils 25 Basispunkte auf 4,5, bzw. auf 4,0 Prozent anhob, unterstreicht, dass sie die weiterhin überschiessende Inflation als grosses ökonomisches Risiko wahrnimmt. Sie ist bereit, die mittelfristige Inflationsbändigung auch zum Preis kurzfristiger Verschärfung des Konjunkturgegenwindes anzustreben.  

Initiale Auswirkungen
Der Euro sackte in einer ersten Reaktion (14:30 Uhr) sowohl gegen den US-Dollar als auch gegen den Schweizer Franken ein. Dies kann als Zeichen gewertet werden, dass an den Devisenmärkten mit dem Zinsschritt die Sorge vor einer weiteren konjunkturellen Eintrübung zugenommen haben. Der Aktienindex EuroStoxx 50 hingegen beendete zwar die Abwärtsbewegung, zu der er vor der Entscheidung angesetzt hatte. Der Gegenwind für europäische Aktien hat aber mit dem erneut gestiegenen Zinsniveau generell aufgefrischt.

Interpretation
«Nachdem die EZB die ausufernde Inflation zu lange ignoriert und unterschätzt hatte, illustriert der heutige Zinsentscheid erneut ihren Paradigma-Wechsel», erläutert Santosh Brivio, Senior Economist der Migros Bank. Die EZB möchte die Inflation nahezu unter allen Umständen in Richtung der 2-Prozent-Marke drücken. Dazu passt die Aussage von EZB-Chefin Christine Lagarde, dass der zukünftige geldpolitische Kurs datenabhängig und folglich eine weitere Zinserhöhung folglich nicht ausgeschlossen sein.

«Wir rechnen damit, dass die EZB zunächst stillhalten wird. Denn die Konjunktursituation bleibt vorerst widrig, und der Inflationsdruck stammt derzeit primär von ausserhalb ihres Einflussbereichs (Ölpreise)», erklärt Brivio. «Mit einsetzender wirtschaftlicher Erholung erwarten wir aber spätestens für nächstes Frühjahr eine nochmalige Zinserhöhung um 25 Basispunkte.»

Zu den Konsequenzen für die Schweizer Geldpolitik meint Brivio: «Für die SNB-Sitzung von nächstem Donnerstag sehen wir uns in unserer Einschätzung bestätigt, wonach der Leitzins auch in der Schweiz nochmals um 25 Basispunkte steigt. Die SNB wird nicht zuletzt mit der EZB nachziehen, um ein Aufwerten von EUR/CHF zu verhindern. Ein gegenüber dem Franken zu starker Euro würde dem Inflationsimport neuen Auftrieb verleihen.» 

Weitere Auskünfte
Santosh Brivio, Senior Economist
Tel. 044 839 90 12, E-Mail santosh.brivio@migrosbank.ch
Unter diesem Link finden sich wöchentliche Kommentare des Investment Office der Migros Bank.
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Über die Migros Bank

Die Migros Bank ist eine 100-prozentige Tochter des Migros-Genossenschafts-Bundes und als solche nicht börsenkotiert. Dadurch kann sie sich optimal auf das Schaffen von Kundennutzen fokussieren statt auf die Steigerung des Aktienwerts. Sie beschäftigt rund 1700 Mitarbeitende und betreibt über 70 Geschäftsstellen in allen Landesteilen und ist so gleichermassen weit vernetzt wie regional gut verankert. Ihre rund eine Million Kundinnen und Kunden vertrauen der Bank Kundeneinlagen im Gesamtwert von über 45 Milliarden Franken an. Als siebtgrösste Bank in der Schweiz trägt die Migros Bank grosse Verantwortung für ihre Umwelt und die Gesellschaft und nimmt diese auch bewusst wahr. Als erste grosse Schweizer Bank hat sie 2019 ausserdem bereits die Boni abgeschafft, ganz im Sinne eines verantwortungsbewussten und konsequent kundenorientierten Ressourcenumgangs.

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